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Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden Martin Schwarz

Rede des Fraktionsvorsitzenden der Piratenfraktion im Rat der Stadt Velbert vom 26.11.2019 zum Haushalt 2020

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

geschätzte Ratskollegen, liebe Velberter,

und täglich grüßt das Murmeltier. Wie in diesem Film komme ich mir langsam vor, denn einiges aus meiner Haushaltsrede des letzten Jahres könnte ich in diesem Jahr einfach wiederholen.

Das liegt nun mal daran, dass manche Entscheidungen Folgen haben, die sich erst später bemerkbar machen und Jahrelang andauern. Kurz gesagt, wir haben die gleichen grundlegenden Probleme und Risiken wie im vergangenen Jahr.

Hier einige Beispiele:

Der Haushaltssicherungsplan wirkt und beschert uns ein Plus. Außerdem existiert unser strukturelles Defizit auch weiterhin. Denn während der Bürgermeister die kommunalen Gesellschaften als starke Partner anpreist, verschwindet auch weiterhin viel Geld in der Holding. EVV, KVV und KVBV hören nicht damit auf, den Haushalt zu belasten.

Die Wobau erwirtschaftete erneut ein Minus.

Ich hätte erwartet, dass die KVV aufgelöst und das teure Sportzentrum in städtische Obhut genommen wird. So aber sorgt der halbherzige Umbau des Kulturbereiches auch weiterhin für wenig Transparenz.

Aktuell kommt hinzu, dass es durch die viel zu frühe Schließung des Forums und die damit verbundene Verlagerung von Veranstaltung in das Sportzentrum, nun zu Unterrichtsausfall im Sportunterricht diverser Schulen kommen könnte.

Mir stellt sich die Frage: Was ist wichtiger? Schulunterricht und Trainingszeiten der Sportvereine oder Karnevalsveranstaltungen im Sportzentrum?

Eine Abwägungssache.

Diese Situation wäre auf jeden Fall vermeidbar gewesen.

Viel Geld werden uns die laufenden Baumaßnahmen und Großprojekte, wie der Neubau des Stadions und des Schloß- und Beschlägemuseums kosten. Mit Abstand die teuerste Baumaßnahme jedoch wird das ÖPP-Pojekt Forum Niederberg.

Neue kostengünstigere Pläne wären wünschenswert.

Warum nicht auf die Aufstockung des Forums verzichten und die VHS in der auslaufenden Martin-Luther-King-Schule unterbringen?

Was passiert, wenn bei diesen laufenden Baumaßnahmen die Kosten nur um 1% steigen?

Das geplante Haushaltsplus ist gering und an einem zu großen Brocken hat sich so mancher schon verschluckt.

Mal abgesehen von der immer schon schwer kalkulierbaren Gewerbesteuer, stellt der Handel mit Grundstücken ein weiteres Risiko dar.In diesem Jahr konnten nicht so viele Grundstücke verkauft werden wie geplant.Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieser Trend weiterhin anhält.

Überschwemmungen, schlechte Straßen, herumliegender Müll, Ratten und wild wucherndes Grün wo es keiner haben will; darüber erreichten uns letztes Jahr viele Beschwerden.Auch daran hat sich im Vergleich zum Vorjahr nichts wesentliches geändert.

Tatsächlich bestätigte der Bürgermeister uns allen in seiner Rede zum Haushalt, dass die illegale Müllentsorgung weiter zunimmt.Kein Wunder, denn die Chance dabei erwischt zu werden, ist ja auch verschwindend gering.

Wilde Kippen an Containerstandorten sind aber nicht das einzige Problem, welches bei der Müllentsorgung auftritt. Das Jahr 2019 bescherte uns so viele brennende Altpapiercontainer, wie noch nie. Besonders betroffen war die Feldstrasse in Langenberg. Hier brannten die Container nahezu jeden Monat einmal! Ein trauriger Rekord! An der Lindenstraße in Velbert-Mitte konnte die Feuerwehr lediglich durch ihr schnelles Eingreifen verhindern, dass durch einen Containerbrand ein Schulgebäude in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Ab wann ist die öffentliche Sicherheit gefährdet?

Nur wer auf frischer Tat ertappt wird, kann auch bestraft werden. Lediglich die Höhe der Bußgelder zu erhöhen, ist wenig zielführend. Hier sind mehr Kontrollen das einzige Mittel der Wahl, da höhere Strafen nicht abschreckend wirken, wenn die Möglichkeit, ertappt zu werden gegen Null tendiert.

Mehr Recycling → Planziel verfehlt!

Die in Velbert erreichte Recyclingquote ist immer noch nicht hoch genug. Die TBV schafft es lediglich, die bis 2018 gültige Recycling-Vorgabe für Papier zu erreichen. Denn die Recycling-Quote soll im dualen System bis 2022 auf 90% ansteigen. Ohne dass mehr Leute freiwillig die kostenlose Altpapiertonne nutzen, sehen wir keine Chance, die neue Vorgabe zu erreichen. Höhere Recyclingquoten gelten übrigens auch für andere Müllsorten.

Die Handwerkskammer fordert innerstädtische Gewerbeflächen, denn die Vertreibung des Handwerks aus der City findet seit vielen Jahren statt. Wohnungen werden auf Gewerbefläche gebaut und Gewerbe auf der grünen Wiese.

Steigende Kosten, mehr Verkehr, längere Anfahrtszeiten, schlechtere Produktivität sind die Folgen davon, wenn Handwerksbetriebe gezwungen werden, sich am Rande der Stadt anzusiedeln.

Gewerbegebiete, wie z.B. dem Große Feld sind nicht die Lösung, im Gegenteil.

Eine Zentralisierung von Betrieben an wenigen Orten wird dazu führen, dass langfristig die Nahversorgung gefährdet ist. Das bedeutet, es wird teurer für den Kunden.

Endlich haben wir einen Verkehrsentwicklungsplan!

Uns allen ist klar, die Umsetzung wird nicht einfach und wird dauern. Bekommen wir jetzt Straßen ohne Stau, die autofreie Innenstadt oder wird Velbert etwa zu einer fahrradfreundlichen Stadt? Wohl kaum, denn der Anstieg auf ca. 48.000 aktuell zugelassene PKW sprechen eine deutliche Sprache.

Die Velberter wollen das Auto benutzen.

Daran wird sich auch nichts ändern, solange der ÖPNV nicht attraktiver wird. Wegschauen und greenwashing zu betreiben ist da wenig hilfreich. Unsere Infrastruktur und besonders die Anzahl der Parkplätze, müssen durch diesen Anstieg angepasst werden.

Der Ausbau der digitalen Infrastruktur an Schulen, in der Verwaltung und der in der Stadt geht uns immer noch zu langsam voran. Es gibt in Velbert immer noch viel zu viele Mobilfunklöcher und Straßenzüge ohne schnelles Internet. Schnelles Internet ist aber ein wichtiger Standortfaktor. Sollte jedoch der Netzausbau in diesem Tempo weitergehen, werden viele Bürger und Unternehmen noch lange darauf verzichten müssen.

Unser Fazit:

Wir sehen in diesem Haushaltsplanentwurf keine wirkliche Verbesserung unserer Ausgangssituation.

Er ist frei nach dem Motto “Von der Hand in den Mund“ konzipiert.

Der geplante Überschuss von rund 280.000€ bildet keinen ausreichenden Puffer, um auch nur eines der vielen Risiken ausreichend auszugleichen.

Deswegen lehnen wir den Haushaltsentwurf ab!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Mit piratigen Grüßen

Martin Schwarz